Hintergrundfarbe bei Porträtaufnahmen

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Hintergrundfarbe bei Porträtaufnahmen

Rüdiger Heim - Arbeitswelten Fotografie
Veröffentlicht von Rüdiger Heim in Porträt · 5 Dezember 2022
Tags: PorträtFarbeHintergrundBusinessPorträtBewerbungsfoto
      

[Lesedauer: 4 Minuten]

Hintergrundfarbe bei Porträtaufnahmen

Businessporträts, Profilbilder und Bewerbungsfotos werden überwiegend als Kopf-Schulter-Porträts gestaltet. Bei solchen Porträtaufnahmen ist der Bildausschnitt so gewählt, dass der Kopf mit dem Schulteransatz dargestellt wird. In der Malerei wird dieser Bildausschnitt als „Schulterstück“, in der plastischen Gestaltung als „Büste“ bezeichnet.

In der Fotografie gibt es dafür den - mittlerweile auch bei uns etablierten - Begriff „Headshot“. Ursprünglich waren das Porträtaufnahmen, mit denen sich Schauspieler*innen für eine Rolle bewarben und deshalb auf der Rückseite des Bildes noch Lebenslauf und Kontaktdaten aufdruckten. Die Intention solcher Schauspielerporträts ist aber durchaus vergleichbar mit jener des Bewerbungsfotos: In sehr kurzer Zeit soll der Betrachter einen positiven ersten Eindruck von Aussehen und Persönlichkeitsmerkmalen gewinnen.

Deshalb ist der Bildausschnitt bei diesen Porträts auch vergleichsweise eng gewählt und der Bildinhalt wird durch Mund, Augen und Augenbrauen dominiert. Mit diesen besonders bildwichtigen Elementen im Fokus verknüpft sich sofort die Frage, wie der Bildhintergrund gestaltet sein sollte, um die Bildaussage zu unterstützen. Dabei spielt natürlich auch die Bildgröße eine wichtige Rolle, denn digitale Profilbilder oder die Printausgabe einer Bewerbungsmappe implizieren verhältnismäßig kleine Abmessungen der Fotos. Businessporträts auf einer Webseite können demgegenüber sehr viel größer abgebildet sein und damit die Hintergrundgestaltung als weitere Bildebene berücksichtigen.

In der Businessfotografie wird diese zusätzliche Bildebene auch besonders gern genutzt, um die abgebildete Person in einen Kontext mit ihrer Tätigkeit oder dem Unternehmen zu bringen. Der Bildhintergrund wird damit zu einer zusätzlichen Erzählebene, bleibt aber in seiner visuellen Gestaltung zumeist unscharf und in seiner Botschaft eher grundsätzlich oder abstrakt. Wir kennen zahllose dieser modernen Businessporträts, bei denen die porträtierte Person in einen Umgebungsausschnitt eingebunden ist, der über eine wertige, oftmals sogar technische Anmutung verfügt. Grafisch wirkende Elemente aus Glas, Beton oder Stahl sind Teil von solchen in Unschärfe aufgelösten Hintergründen, die mit der Person korrespondieren und das Gesamtbild eines modernen Businessporträts gestalten. Der Hintergrund wird damit zu einer Art Uniform für die porträtierte Person und verknüpft diese mit den visuellen Attributen einer erfolgreichen Unternehmenswelt - Rationalität, Helligkeit, Modernität und Digitalaffinität.
Fotografisch lassen sich solche Inszenierungen gut nutzen, um mit Komplementärfarben interessante Farbkontraste zu schaffen. Glasflächen und Stahlelemente im Hintergrund können mit ihrer technischen Anmutung in kühlen Blautönen gehalten werden, die zu den warmen Hauttönen der porträtierten Personen komplementär sind. Solche Farbkontraste produzieren einen eigenen Bildlook, der auch in zahllosen Kinofilmen als „teal & orange“ Look kultiviert wurde.

Im Fotostudio werden zumeist einfarbige, glatte Hintergründe für Headshots eingesetzt. Im einfachsten Fall kann das auch nur eine Wand sein. Der Abstand zwischen porträtierter Person und Hintergrund ist wenigstens so groß, dass keine Schatten auf der Hintergrundfläche zu sehen sind. Bei einem größeren Abstand zwischen Person und Hintergrund ist der sogenannte Lichtabfall dann so deutlich, dass die Person gut ausgeleuchtet, der Hintergrund aber deutlich verringert angestrahlt wird. In dieser Art lässt sich mit der auf diese Fläche auftreffenden Lichtmenge die Helligkeit des Hintergrunds fast beliebig verändern.

Eine in der Realität weiße Wand kann im Bild dann grau oder sogar schwarz wirken. Umgekehrt bedeutet es auch, dass der Hintergrund im Bild nur dann wirklich weiß erscheint, wenn er von einer zusätzlichen Lichtquelle beleuchtet wird, die häufig unmittelbar hinter der porträtierten Person aufgestellt wird.
Mit Farbfolien vor Blitzköpfen oder Lichtformern, aber auch mit veränderbaren RGB-Farben bei LED-Leuchten lässt sich die Hintergrundfarbe flexibel gestalten. Lange Zeit waren helle und mittlere Blautöne für den Hintergrund sehr populär und auch heute werden noch vereinzelt Bewerbungsfotos mit einer solchen Lichtstimmung aufgenommen. Das nimmt wieder den Farbkontrast zu den Hauttönen auf, wirkt heute aber nicht mehr zeitgemäß. Eine solche Hintergrundgestaltung lenkt auch die Aufmerksamkeit des Bildbetrachters ab - und genau das sollte bei Porträtaufnahmen im Studio vermieden werden.
Alles, was vom Gesicht der porträtierten Person ablenkt, ist schon zuviel in einem solchen Bild. Das gilt natürlich auch für den roten oder gelben Pullover, den die Person vielleicht trägt - aber das ist ein anderes Thema.

Grundsätzlich gibt es dunkle und helle Hintergründe sowie solche mit mittlerer Helligkeit. Der Hintergrund sollte in jedem Fall so gestaltet sein, dass er ruhig wirkt und die porträtierte Person hervorhebt. Grelle Farben sind ungeeignet; das gilt auch für eine Hintergrundgestaltung mit starken Verläufen oder Kontrasten.
Dunkle Hintergründe können wertig und fast edel anmuten, aber sie passen nicht zu jeder Person und auch nicht zu jeder Art von Kleidung. Deshalb sind mitteltönige oder helle Hintergründe oftmals vorteilhafter und entsprechende Porträts wirken positiver und optimistischer.

  Businessporträt mit sehr hellem Hintergrund

Eine gute Option sind graue, mitteltönige Hintergründe, die gut zu Hauttönen und Textilfarben passen und nicht "steril" wirken. Vorteilhaft ist eine solche Hintergrundgestaltung gerade bei hellen Hauttönen oder heller Oberbekleidung, da sonst der Kontrast zwischen Person und Hintergrund zu gering ausfallen würde.

  Personal Branding Kampagne mit mitteltönigem Hintergrund

Ein dunkler, vielleicht sogar schwarzer Hintergrund verspricht die maximale Fokussierung auf die porträtierte Person. Hier kann dann auch die Textilfarbe ein wenig auffallender gestaltet sein, ohne dass das Porträt in seinem Gesamteindruck zu unruhig wird. Der dunkle Hintergrund schafft ein ordentliches "Gegengewicht" zu den in ihrer Farbe auffälligen Elementen. Da aber bei Bewerbungsfotos und Business-Porträts eher gedeckte Textilfarben zu sehen sind, ist ein solcher Ausgleich über die Hintergrundfarbe nicht durchgängig nötig.

 Profilbild mit schwarzem Hintergrund

In der anspruchsvollen Porträtfotografie entstehen Bilder, die vielleicht ganzseitig oder wenigstens großformatig in Unternehmensbroschüren oder Magazinen und Zeitschriften zu sehen sind. Bei solchen Porträts bekommt der Hintergrund eine nochmals andere Bedeutung. Die völlige Konzentration auf die porträtierte Person macht Überlegungen notwendig, welche Bedeutung das Licht überhaupt hat. Der US-amerikanische Fotograf Gregory Heisler, der schon mehr als 70 Titelbilder für das Cover des Nachrichtenmagazins Time fotografierte, gestaltet seine Aufnahmen gern vor völlig schwarzen Hintergründen.
Er schreibt dazu: „The black background [...] has always seemed truly empty to me, a void. Black is black. [...] It is nothing, literally. I see nothing but my subjects, presented for the camera as simply and directly as possible. I don’t see them in relation to a backdrop or anything else. [...] While grays can be like a symphony and white always seems so loud, black is silent. It lets the subject speak."

Die Essenz aus den Statements von Greg Heisler ist aber wieder die elementare Funktion eines Hintergrunds - nämlich nicht von der porträtierten Person abzulenken, sondern die Aussage des Porträts zur Persönlichkeit der porträtierten Person zu unterstützen ... eben vor allem durch das Weglassen von Ablenkung.



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